Rechtliche Grundlagen Schweiz
Auf Bundesebene bilden folgende Gesetze und Erlasse den Rahmen einer nachhaltigen Beschaffung:
- Bundesverfassung (BV, 1999)
- Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB, 1994)
- Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB, 1995)
- Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB, 2013)
Weitere wichtige Eckpfeiler für eine nachhaltige Beschaffung auf Bundesebene:
Auf kantonaler und Interkantonaler Ebene gelten folgende Vorgaben:
- Binnenmarktgesetz (BGBM, 1995)
- Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB, 1994/2001)
- Kantonale Vergaberichtlinien; Vorlage: Mustervorlage für Vergaberichtlinien zur rev. IVöB (VRöB, 1994/2001)
Gemeinden haben in diesem Bereich keine eigene Gesetzgebungskompetenz und unterstehen der kantonalen oder interkantonalen Gesetzgebung. Für den Einbezug von Umweltkriterien besteht bereits ein gefestigter rechtlicher Rahmen. Wenn der Bezug zum Beschaffungsgegenstand gegeben ist, können Umweltkriterien bei folgenden Schritten im Beschaffungsprozess eingebunden werden:
Für die Sozialkriterien ist der Handlungsspielraum wesentlich enger gefasst:
Aktuell: Verabschiedung neues BöB und IVöB
Das schweizerische Beschaffungsrecht wurde überarbeitet. Im Juni hat 2019 das Parlament die Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) ohne Gegenstimmen verabschiedet. Nun haben im November auch die Kantone die neue interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen IVöB einstimmig angenommen. Jeder Kanton muss nun einzeln den Beitritt regeln und die Verfahren in jedem Kanton selbst bestimmt. Die revidierte IVöB wird in Kraft treten, sobald zwei Kantone beigetreten sind. Die ersten Beitritte werden wohl im Jahr 2020 stattfinden. Die Inkraftsetzung des BöB erfolgt Anfang 2021, idealerweise würde auch das IVöB dann in Kraft treten. Grund für die Revision des Beschaffungsrechts ist das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA2012). Dieses ist am 6. April 2014 in Kraft getreten ist und zieht nun eine Gesetzesänderung auf Bundes- und Kantonsebene nach sich. Gleichzeitig mit der Revision des Bundesgesetzes (BöB) und der dazu gehörenden Verordnung (VöB) soll auch das für die Kantone geltende Konkordat (IVöB) überarbeitet werden. So kann eine weitgehende Harmonisierung der Gesetzesgrundlage der öffentlichen Beschaffung erreicht werden, was den Vollzug vereinfachen dürfte.
Das neue Vergaberecht enthält ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Beschaffung. Beispielsweise wird die Nachhaltigkeit neu bereits im Zweckartikel (BöB, IVöB Art. 2) erwähnt. Weiter kann ein Anbieter ausgeschlossen werden, wenn er nachweislich die Umweltschutzgesetzgebung nicht einhält (BöB, IVöB Art. 12.3). Ökologische und soziale Kriterien können in die Zuschlagskriterien integriert werden (BöB, IVöB Art. 29).
Was bedeutet die Revision der IVöB für Städte und Gemeinden?
Zitat Regina Füeg, Stv. Generalsekretärin der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz BPUK, im focus 8/19: «Um es vorweg zu nehmen: Änderungen der bestehenden Bestimmungen gibt es nur wenige. Hinzu kommen verschiedene Präzisierungen und Neuerungen in der revidierten IVöB, die für Kantone, Städte und Gemeinden gelten werden. Als eine der wichtigsten Anpassungen ist sicherlich Artikel 41 zu sehen: Neu erhält das vorteilhafteste Angebot (vorher «das wirtschaftlich günstigste») den Zuschlag. Damit soll ein Paradigmenwechsel angestrebt und der Qualitätswettbewerb in den Vordergrund gerückt werden. Weitere wichtige Neuerungen sind: Die Übertragung öffentlicher Aufgaben und die Verleihung von Konzessionen als öffentlicher Auftrag (Art. 9), die Korruptionsprävention (Art. 11), die Möglichkeit, flexible Instrumente zu nutzen wie elektronische Auktionen (Art. 23), Dialog (Art. 24) und Rahmenverträge (Art. 25). Neu kann auch die Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium berücksichtigt werden (Art. 29). Der Verfahrensabbruch ist zu publizieren (Art. 48). Des Weiteren werden Ausschlussgründe (Art. 44) und Sanktionen (Art. 45) systematisch geregelt. Schliesslich sind die Publikationen zwingend auf simap zu veröffentlichen (Art. 48) und die Rechtsmittelfrist dauert neu 20 Tage (Art. 56). Der Aufbau der IVöB ist zukünftig so gegliedert, dass der Beschaffungsprozess abgebildet ist, d.h. vom Vergabeverfahren, den Vergabeanforderungen, dem Ablauf des Vergabeverfahrens bis hin zu den Fristen und Veröffentlichungen. Auf der Homepage der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) ist zur revidierten IVöB eine Musterbotschaft aufgeschaltet, in der die einzelnen Artikel erklärt werden. Die Musterbotschaft steht in den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch zur Verfügung. Ausserdem ist auch eine Synopse aufgeschaltet, die die neue IVöB mit der alten IVöB vergleicht.»